Ausführlicher Ratgeber zur Trocknungszeit von Ölfarben, 1. Teil
Ein Ölbild ist ein Kunstwerk aus Materialien, die die alten Meister genauso verwendeten wie heutige Künstler. Ölfarben sind klassisch, aber trotz zahlreicher Alternativen noch immer zeitgemäß. Und obwohl sich die Gemälde mit Blick auf die Motive, die Maltechniken, die Stile und die Farbkompositionen im Laufe der Zeit sehr verändert haben, ist eines gleich geblieben: die lange Trocknungszeit der Ölfarben.
Bei einem typischen Ölbild werden mehrere Farbschichten übereinandergelegt. Durch diese Farbschichten bekommt das Bild seine Tiefe. Allerdings muss jede Farbschicht trocknen, bevor die nächste Lage aufgetragen werden kann.
Und weil die Farbschichten zunehmend fetter werden, verlängert sich auch die Trocknungszeit stetig. Bis ein Ölbild komplett durchgetrocknet ist, können Monate vergehen.
Dass Ölfarben nur langsam trocknen, ist zwar einerseits ein Vorteil. Denn der Künstler hat dadurch viel Zeit, um seine Ideen umzusetzen, noch etwas zu verändern oder Korrekturen vorzunehmen.
Doch andererseits kann die lange Trocknungszeit eben auch ein Nachteil sein, wenn der Künstler zügig weiterarbeiten oder sein Bild fertigstellen möchte.
Gewusst wie, lässt sich die Zeit, bis Ölfarben trocken sind, verkürzen. Zwar können auch die besten Tricks und Kniffe nicht bewirken, dass Ölfarben so schnell trocken sind, wie zum Beispiel Acrylfarben. Aber die Spanne, bis der Künstler die nächste Farbschicht auftragen, sein Bild bewegen oder aufhängen kann, kann verringert werden.
Welche Möglichkeiten es dabei gibt, erklären wir in einem ausführlichen Ratgeber zur Trocknungszeit von Ölfarben:
Inhalt
Verkürzte Trocknungszeit durch chemische Zugaben
Ölfarben trocknen nicht, weil das enthaltene Lösungsmittel verdunstet. Stattdessen trocknen sie durch die Oxidation mit dem Sauerstoff in der Luft. Es handelt sich also um eine chemische Reaktion. Um die Trocknungszeit der Ölfarbe zu verkürzen, müssen deshalb die chemischen Eigenschaften der Ölfarben verändert werden.
Eine effektive Möglichkeit dabei ist, den Farben ein chemisches Trocknungsmittel hinzuzufügen. Dazu kann das Trocknungsmittel direkt auf der Farbpalette mit den Ölfarben vermischt werden, bevor der Künstler diese auf die Leinwand aufträgt. Alternativ ist möglich, den Pinsel in das Mittel zu tauchen und damit wie mit Wasser auf der Leinwand zu malen.
Im Künstlerbedarf ist eine recht große Auswahl an Trocknungsmitteln erhältlich. Obwohl sie nicht schädlich sind, ist bei ihrer Verwendung Vorsicht geboten.
Denn einige der Mittel haben einen starken, unangenehmen Geruch oder stoßen Dämpfe aus. Deshalb sollte der Raum, in dem gearbeitet wird, gut belüftet sein. Kinder und Haustiere sollten sich nicht darin aufhalten.
Dammarlack
Die Basis von Dammarlack sind Kristalle aus Dammarharz, die mit Terpentin vermischt werden. Der Lack verdünnt Ölfarben, versiegelt sie und verleiht ihnen eine leicht glänzende Oberfläche. Deshalb wird Dammarlack oft als Zwischen- oder Schlussfirnis verwendet.
Aber der Lack kann auch als Trocknungsbeschleuniger zum Einsatz kommen. Tatsächlich bewirkt Dammarlack, dass eine Ölschicht in knapp einer Stunde so weit angetrocknet ist, dass der Künstler die nächste Farbschicht auftragen kann.
Noch schneller geht es, wenn der Künstler einen Ventilator vor das Bild stellt.
Alkydfarben
Bereits seit den 1920er-Jahren sind Alkydfarben auf dem Markt. Letztlich handelt es sich dabei um Ölfarben, die mit einem Öl hergestellt werden, das die Trocknung beschleunigt. Das Öl ähnelt Walnussöl.
Ein Bild, das mit Alkydfarben gemalt ist, ist im Normalfall über Nacht trocken. Der Künstler kann bei seinem Bild normale Ölfarben und Alkydfarben miteinander kombinieren.
Eine andere Möglichkeit ist, die Farben direkt miteinander zu mischen. Ein Mix der beiden Farbsorten sollte dazu führen, dass das Bild nach ungefähr sechs bis acht Stunden grifffest getrocknet ist.
Geruchloses Waschbenzin
Durch Waschbenzin ist eine Farbschicht nach etwa sechs bis acht Stunden trocken. Unter Künstlern ist Waschbenzin aber nicht nur deshalb beliebt, weil es die Trocknungszeit verkürzt.
Wie der Name schon sagt, riecht geruchsloses Waschbenzin nicht. Aus diesem Grund ist seine Verarbeitung angenehmer und sicherer als die Verwendung von herkömmlichen Verdünnern oder Terpentin.
Galkyd
Ein weiteres Malmedium, das Ölfarben verdünnt und schneller trocknen lässt, ist Galkyd. Dünnere Farbschichten sind damit nach ungefähr 24 Stunden trocknen.
Zusätzlich dazu gleicht Galkyd die Pinselstriche aus und lässt eine Oberfläche entstehen, die an Emaille erinnert. Außerdem verleiht Galkyd den Ölfarben mehr Glanz und eine höhere Transparenz.
Walnussalkyd
Walnussalkyd bewirkt zum einen, dass eine Farbschicht aus Ölfarbe nach ungefähr 24 Stunden trocken ist. Zum anderen sorgt das Malmittel dafür, dass die einzelnen Farbschichten besser aneinander haften.
Einige Künstler nutzen Walnussalkyd deshalb für die erste Farbschicht und setzen für alle folgenden Schichten Walnussöl ein.
Terpentinöl
Ein natürliches Verdünnungsmittel für Ölfarben und gleichzeitig ein echter Klassiker in der Ölmalerei, ist Terpentinöl. Es wird aus Kiefern destilliert, enthält aber ein stark riechendes Lösungsmittel. Aus diesem Grund ist der Geruch nicht sehr angenehm.
Terpentinöl verbessert die Haftung der Ölfarben untereinander und bewirkt, dass die Farben besser in den Malgrund eindringen und sich dort verankern. Außerdem verkürzt es die Trocknungszeit auf ungefähr 24 Stunden.
Kürzere Trocknungszeit durch natürliche Öle
Wer nicht zu chemischen Malmitteln greifen möchte, um seine Ölfarben zu verdünnen, fetter einzustellen oder eben die Trocknungsdauer zu verdünnen, kann auch zu einem natürlichen Öl greifen.
Dabei kommen vor allem die folgenden vier Öle infrage:
Leinöl
Unraffiniertes oder kaltgepresstes Leinöl wird schon seit dem 15. Jahrhundert in der Malerei verwendet. Das aus Leinsamen gewonnene Öl reagiert mit dem Luftsauerstoff. Die Folge davon ist, dass das Öl die Farben umhüllt und sie lebendiger aussehen lässt.
Leinöl trocknet innerhalb von 18 bis 24 Stunden mit einem flexiblen Film. Deshalb neigen die Farbschichten weniger zu Rissen.
Allerdings vergilbt das Öl im Laufe der Zeit. Viele Künstler verwenden es deshalb nicht zusammen mit Weiß oder sehr hellen Farbtönen.
Walnussöl
Walnussöl und Walnussalkyd haben nichts miteinander zu tun. Letzteres ist ein chemisches Malmittel, während Walnussöl ein natürliches Öl ist. Das Öl bildet nach dem Trocknen eine harte und glänzende Oberfläche, die nicht zu Rissen neigt und nicht vergilbt.
Allerdings trocknet das Öl vergleichsweise langsam. Bis Walnussöl trocken ist, vergehen üblicherweise vier bis fünf Tage.
Distel- und Mohnöl
Beide Öle haben ähnliche Eigenschaften und brauchen etwa eine Woche zum Trocknen. Verglichen mit Leinöl, trocken die Farbschichten allerdings weniger fest und können im Laufe Risse bilden.
Dafür vergilben die Öle nicht und eignen sich deshalb auch für den Einsatz mit weißer Ölfarbe.
Für die untersten Farbschichten können Distel- und Mohnöl deshalb bedenkenlos verwendet werden. Ansonsten raten wir eher dazu, die Ölfarben mit Leinöl zu mischen, um die Trocknungszeit zu verkürzen.
Mehr Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
Ölmalerei Trocknungszeit-Rechner
- Alles Wichtige zum Stillleben, Teil II
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Thema: Ausführlicher Ratgeber zur Trocknungszeit von Ölfarben, 1. Teil
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